von Johanna Zabel
Für viele Menschen hat sich der Alltag in den vergangenen Tage und Wochen drastisch gewandelt. Durch den Covid-19 Virus scheint unsere Welt auf einmal lahmgelegt zu sein- unsere Wirtschaft steht nahezu still. So kommt es zumindest mir vor.
Währenddessen sind Verhandlungen auf EU-Ebene keinesfalls auf Eis gelegt, so auch nicht jene um das Klimaschutzgesetz.
Ich habe die Chance meiner freigewordenen Zeit genutzt, mich mit Details und dem aktuellen Stand des European Green Deal der Europäischen Kommission näher zu beschäftigen. Es erscheint mir durchaus möglich, dass die drohende wirtschaftliche Krise positiv für den Klimaschutz genutzt werden kann, sofern die immensen zur Stabilisierung der Wirtschaft freigesetzten Gelder für die richtigen Investitionen genutzt werden. Denkbar wäre z.B. Prämien in Form von Solar- oder Windkraftprämien auszuschreiben, die dem Klima zu Gute kämen.
Der Green Deal wurde im Dezember letzten Jahres von der Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vorgestellt. Doch schon damals kam es zu Kritik. Gleiches gilt für den anschließenden Gesetzesentwurf eines europäischen Klimaschutzgesetzes, welcher Anfang diesen Monats im Parlament vorgestellt wurde.
Klimaneutralität bis 2050 ist das große Ziel des Green Deal und des Klimaschutzgesetzes. Hierfür will die EU mindestens 100 Milliarden Euro für betroffene Regionen bereitstellen.
Als einen konkreten Masterplan kann man das jedoch eher nicht bezeichnen, viel eher als einen groben Fahrplan. Zwischenziele und genaue Vorgaben, falls diese nicht erreicht werden, beispielsweise in Form von Sanktionen, fehlen und bieten daher den Mitgliedsländern die Möglichkeit, Klimaschutz und die Energiewende, auch in Anbetracht der derzeit ökonomisch angespannten Lage, auf die lange Bank zu schieben.
Umso klarer sollten sich Länder positionieren, die wie Deutschland eine Vorreiterrolle im Klimaschutz einnehmen wollen.
Allerdings zählt Deutschland nicht zu den Unterzeichnern eines Briefes an die Kommission, den 12 EU-Mitgliedsstaaten verfasst haben. Darunter Frankreich, Italien, Spanien, Schweden, die Benelux-Staaten, Österreich, Dänemark; und sogar das kleine Lettland setzt sich für mehr Anstrengungen im Klimaschutz ein.
Auch hat sich Bundesumweltministerin Svenja Schulze bislang noch nicht zum Entwurf des Klimaschutzgesetzes positioniert. Maßnahmen auf nationaler Ebene wie der Förderdeckel für Solaranlagen oder die viel diskutierten Mindestabstände für Windkraftanlagen zielen eher in eine falsche Richtung.
Wenn man sich in diesem Zusammenhang den Vorschlag der EU zu einem Klimaschutzgesetz anschaut, muss man diese Maßnahmen als besorgniserregend betrachten. Bis 2030 wird eine Reduktion der CO2 Emissionen von 50 bis 55% gefordert — der genaue Prozentwert soll bis zum Herbst durch das Europäischen Parlament verabschiedet werden. Doch wenn man dies einmal durchspielt, zeigt sich sehr schnell, dass selbst eine Reduktion der Emissionen um 55% zur Erreichung des Pariser Klimaabkommens nicht ausreichen. Unterstellt es würden global solch niedrige Ziele der EU verfolgt, würde die globale Durchschnittstemperatur bis Ende dieses Jahrhunderts auf bis zu 3 Grad ansteigen. Um dies zu verhindern, werden global mindestens 65% CO2 Einsparungen benötigt und Europa müsste angesichts besonderer wirtschaftlicher Stärke noch eine Schippe drauflegen.
Zur Erreichung dieses Ziel ist Deutschland als diesjähriger Verhandlungsführer im Europäischen Parlament in besonderem Maße gefordert, sich ambitionierte Klimaschutzziele zu setzen und sich klar in den europäischen Verhandlungen zu positionieren.
Eine besondere Rolle kommt in dieser Hinsicht der kommenden COP (Conference of the Parties — die jährlich stattfindende Klimakonferenz) in Glasgow zu, bei der sich zeigen muss, wie ernst das Pariser Klimaabkommen in der EU, aber auch bei den jeweiligen Mitgliedsstaaten gesehen wird und ob die nächsten Jahre richtungsweisend hin zu einer dekarbonisierten Gesellschaft sein werden.
Für uns alle sollte es ein Anliegen sein, Europa koordiniert und vereint so voranzubringen und weiterzuentwickeln, dass es weiterhin mit den planetaren Grenzen vereinbar ist. Eine Überschreitung dieser ökologischen Grenzen bringt die Stabilität des Ökosystems und die Lebensgrundlagen der Menschheit ins Wanken. Letzlich sind wir bereits Jahre zu spät dran und es ist deshalb umso wichtiger, diesen europäischen Green Deal mit größtmöglichem Druck zu einem Erfolg werden zu lassen. Eine andere Chance bleibt uns nicht.
Quellen sowie weiterführende Links:
https://ec.europa.eu/info/files/communication-european-green-deal_en
https://www.erneuerbareenergien.de/eu-kommission-legt-entwurf-fuer-klimaschutzgesetz-vor
https://ec.europa.eu/germany/news/20200304-klimagesetz_de
https://www.tagesschau.de/ausland/klimaneutralitaet-103.html
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