Schon mal was von dem Prinzip des discounting gehört? Es ist die Grundlage der Verhandlungen und riskiert unsere Zukunft! Man sollte meinen, in Klimadiskussionen wäre die Zukunft mindestens genauso relevant wie die Gegenwart. Eigentlich würde man sogar erwarten, dass die Auswirkungen des Klimawandels auf unsere Zukunft noch wichtiger wären als das, was wir aktuell schon erleben. Klimaökonomen aber geben unserer Zukunft weniger Wert. Und darauf verlassen sich die verhandelnden Parteien.
Die Kosteneinschätzung für die Auswirkungen des Klimawandels beruht auf dem Prinzip des discounting, mit einer aktuellen discount Rate von etwa vier Prozent. Konkret heißt das, dass Kosten für zukünftige Klimakatastrophen jährlich 4% an Wert verlieren.
Ein Beispiel: Nehmen wir an, die Schäden einer Überschwemmung belaufen sich auf 1.000.000 Euro. Unabhängig davon, ob sie heute oder in 50 Jahren stattfindet, werden Erste Hilfe Maßnahmen und Wiederaufbau 1 Million Euro kosten. In der Berechnung nach dem discounting Prinzip kostet die Flut in 50 Jahren allerdings nur ca. 130.000 Euro.
Zu Recht muss man sich fragen, mit welcher Begründung Ökonomen diese Annahme machen können. Dabei werden drei zentrale Argumente genannt:
- Menschen wertschätzen Geld, das sie sofort zur Verfügung haben, mehr. „Möchtest du heute oder in einem Jahr 100Euro geschenkt haben?“ Die Meisten würden sich für die erste Möglichkeit entscheiden.
- In Zukunft wird der Wohlstand steigen und die technologische Entwicklung weiter vorangehen.
- Es gibt Risiken und Unsicherheiten in der Zukunft, u.a. — so makaber das klingen mag — das Risiko, das die Erde in 50 Jahren nicht mehr existieren wird.
- Wenn wir jetzt einsparen, verringern wir unsere aktuelle Lebensqualität.
Müssen wir wirklich über das dritte und vierte Argument reden? Das Risiko, dass es die Erde in 50 Jahren nicht mehr geben wird besteht tatsächlich, wenn wir uns weiterhin auf das discounting Prinzip verlassen und nichts gegen den Klimawandel unternehmen.
Ebenso fraglich sind auch die ersten beiden Argumente: Wie kann man die Aussage, der einzelne würde lieber heute als morgen 100Euro erhalten auf die Umwelt übertragen? Mit welchem Recht nimmt man an, dass die gleichen Menschen, die lieber heute das Geld hätten als morgen, auch sagen würden, dass Ihnen die Umwelt in Zukunft weniger wichtig ist?
Möglich, dass der Wohlstand in Zukunft wachsen wird, allerdings wird die Schere zwischen Arm und Reich immer größer. Wie kann diese ungerechte Verteilung als Berechnungsbasis gelten? Und wer garantiert, dass sich Technologien genau so entwickeln, dass Schäden weniger kosten werden?
Wie absurd discounting ist, ist nicht zu übersehen. Dieses Prinzip als Basis für Verhandlungen zu sehen setzt unsere Zukunft aufs Spiel. Für wen verhandeln die Delegierten hier? Für ihre Kinder und Enkelkinder. Und für die ist die Zukunft mindestens genauso viel Wert wie die Gegenwart.
Lara Möllney 15.11.2013