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Bereitet Kattowitz den Weg für 1.5°C?

von Lea Gigou, Mag­dale­na Mit­ter­meier und Malte Kuhn 

Das Gastgeberland Polen

Es ist alles bere­it für eine der wichtig­sten Kli­makon­feren­zen seit langer Zeit. Wir schauen ges­pan­nt auf die anste­hende Kli­makon­ferenz in Kat­towitz, Polen – einem Land, dessen Poli­tik noch immer rauchende Schorn­steine mit wirtschaftlichem Wohl­stand und Fortschritt gle­ich­set­zt. Polens Strom­mix beste­ht zu etwa 80% aus Kohle. Den­noch lassen es sich unsere Nach­barn nicht nehmen, nach nur fünf Jahren erneut die Weltk­li­makon­ferenz auszurichten. 

Worauf es in Kattowitz ankommt

Die Ergeb­nisse wer­den den inter­na­tionalen Kli­maschutz für die näch­sten Jahre prä­gen: Es geht darum, das Paris­er Kli­maabkom­men, das wie eine kom­plizierte Mas­chine gebaut ist, in Gang zu brin­gen. Die grundle­gende Kon­struk­tion ist hier­bei das soge­nan­nte Rule Book, das Regel­w­erk des Paris­er Kli­maabkom­mens, das in Kat­towitz ver­ab­schiedet wer­den soll und die genauen Mech­a­nis­men zur Umset­zung der Ziele bein­hal­ten wird. Die Staat­en stre­it­en hier ins­beson­dere über die Unter­schei­dung zwis­chen Indus­trie- und Entwick­lungs­land und den damit ein­herge­hen­den Auf­gaben und Ver­ant­wor­tun­gen. Nicht nur in dieser Frage lohnt es sich, Chi­na genauer zu beobacht­en – erin­nert es doch in den Kon­feren­zen immer wieder an Dr. Jekhyll und Mr. Hide, mal als Entwick­lungs­land um san­fte Behand­lung bemüht, mal seine volle wirtschaftliche Stärke ausspielend.

Wenn’s ums Geld geht

Dann braucht es Energie, um die Mas­chine am Laufen zu hal­ten – die ver­sproch­enen 100 Mil­liar­den Dol­lar Finanzierung jährlich. Diese dro­hen nun aber nach dem Jahr 2025 schon wieder zu ver­siegen. Eine Ver­längerung des Finanzierungs­plans ist unsich­er – obwohl ein aus­re­ichen­des Bud­get auss­chlaggebend für jegliche Min­derungs- und Anpas­sungs­maß­nah­men ist.

Brasiliens “Tropen-Trump”

Der neue brasil­ian­is­che Präsi­dent plant Rodun­gen des Ama­zonas-Regen­waldes zugun­sten des Rohstoffabbaus.

Nach der frei­willi­gen Dis­qual­i­fika­tion wer­den die USA keine Rolle bei der Erar­beitung des Regel­buchs spie­len. Bol­sonaro, der neu gewählte Präsi­dent Brasiliens, hat es bere­its zu dem Spitz­na­men “Tropen-Trump” gebracht und ange­dro­ht, es Trump gle­ich zu tun und eben­falls aus dem Paris­er Kli­maabkom­men auszusteigen. Das hätte ver­heerende Auswirkun­gen für den inter­na­tionalen Kli­maschutz, da Brasilien Südamerikas größter CO2-Emit­tent ist. Außer­dem plant Bol­sonaro Rodun­gen des Ama­zonas-Regen­waldes zugun­sten des Rohstof­fab­baus. Das stellt eine enorme Bedro­hung für die diverse, schützenswerte Arten­vielfalt und den Ama­zonas als eine sehr bedeu­tende CO2-Senke dar. 

Deutschland und sein schwarzes Gold

Große Hoff­nun­gen liegen für Deutsch­land auf der Kohlekom­mis­sion, die bis Ende des Jahres ein Konzept für den Kohleausstieg erar­beit­en soll, damit Deutsch­land seine Kli­maschutzver­sprechen von minus 40% Emis­sio­nen bis 2020 ein­hal­ten kann. Vor weni­gen Wochen hat die Kohlekom­mis­sion einen Zwis­chen­bericht ver­ab­schiedet. Darin gibt sie u. a. Empfehlun­gen für den Struk­tur­wan­del in den deutschen Kohlere­vieren. Es geht um zehn­tausende Arbeit­splätze. Der konkrete Zeit­plan für den Kohleausstieg soll Ende Novem­ber noch vor der COP24 vorgestellt werden.

Der steile und wichtige Pfad zu 1.5°C

An Druck dürfte es jeden­falls nicht man­geln. Das IPCC hat Anfang Okto­ber einen Son­der­bericht her­aus­ge­bracht, der eine glob­ale Erder­wär­mung von 1,5°C mit der von 2°C ver­gle­icht. Dabei betont der Bericht die Bedeu­tung des im Paris­er Abkom­men angestrebten 1,5°C‑Ziels. Die Auswirkun­gen, die wir bere­its bei 1,5 °C Erwär­mung zu spüren bekom­men, erre­ichen bei 2 °C deut­lich schlim­mere Aus­maße. So würde der Meer­esspiege­lanstieg bis zum Jahr 2100 bei 2°C um etwa 0,1 Meter höher sein – das klingt wenig, entspricht aber etwa 10 Mil­lio­nen Men­schen mehr, die von den daraus resul­tieren­den Fol­gen betrof­fen sein wer­den. Durch diese zusät­zlichen 0,5 °C wür­den außer­dem etwa dop­pelt so viele Pflanzen und Wirbeltiere den Großteil ihres Leben­sraumes ver­lieren, etwa dop­pelt so viele Men­schen unter Wasserk­nap­pheit lei­den und deut­lich mehr Dür­ren, Hitzewellen und Starkre­gen auf uns zukom­men, um nur ein paar der Verän­derun­gen zu nennen.

Es geht um nicht weniger als unsere Zukunft

Weg nach vorn: Was wir jet­zt brauchen, sind ehrliche und mutige poli­tis­che Entscheidungen.

Die Ver­fass­er des IPCC machen aber auch Hoff­nung, indem sie das Erre­ichen des 1,5 °C‑Ziels tech­nisch und wirtschaftlich noch für möglich hal­ten. Die momen­tan beschlosse­nen Reduk­tion­sziele sind jedoch weit von der Begren­zung auf 1,5 °C oder 2 °C ent­fer­nt. Dafür müssten die Emis­sio­nen bis 2030 um min­destens 45% fall­en (im Ver­gle­ich zu 2010) und spätestens zum Jahr 2050 in Summe auf Null sinken. Dies erfordert den Umbau des glob­alen Energiesys­tems, eine Umstel­lung von Indus­trie, Land­wirtschaft, Verkehr und Kon­sumver­hal­ten sowie Maß­nah­men, mit denen man CO2 wieder aus der Atmo­sphäre ent­fer­nen kann.

Was wir jet­zt brauchen, sind ehrliche und mutige poli­tis­che Entschei­dun­gen. Wir brauchen schnelle und weitre­ichende Änderun­gen und schauen daher ges­pan­nt auf die Kon­ferenz in Polen. Die näch­sten zehn Jahre sind entschei­dend für die Zukun­ft unser­er Erde.


Lea ist seit 2018 Mit­glied der Kli­madel­e­ga­tion und studiert Physik in München. Beson­ders am Herzen liegen ihr die Reduk­tion von Treib­haus­gase­mis­sio­nen, nach­haltige Entwick­lung und Klimagerechtigkeit.

Mag­dale­na ist eben­falls seit 2018 dabei. Sie hat Physis­che Geo­gra­phie mit Fokus auf Kli­mafol­gen­forschung studiert und inter­essiert sich beson­ders für Klima­bil­dung und Par­tizipa­tion von Jugendlichen.

Malte ist seit der Grün­dung der Kli­madel­e­ga­tion im Jahr 2012 mit dabei. Er inter­essiert sich neben der Kli­ma­fi­nanzierung vor allem für die Regeln, nach denen das Paris­er Kli­maabkom­men zukün­ftig funk­tion­ieren soll.

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