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Klima und Meer – Beziehungsstatus: Es ist kompliziert

von Lara Schech und Pia Jorks

Wir leben auf einem blauen Plan­eten. Cir­ca 70 Prozent der Erdober­fläche sind von Ozea­nen bedeckt. Sie sind nicht nur Leben­squelle und Liefer­ant kosten­los­er Ressourcen für uns Men­schen, son­dern führen auch eine enge und empfind­liche Beziehung mit dem Wet­ter und Kli­ma unseres Planeten.

Über den Zeitraum der let­zten 200 Jahre absorbierten unsere Meere ein Drit­tel des von Men­schen pro­duzierten CO2s und 90 Prozent der durch Treib­haus­gase verur­sacht­en zusät­zlichen Hitze. Die Beziehung zwis­chen Kli­ma und Ozea­nen sieht sich nun einem „Tip­ping Point“ gegenüber, bei dessen Erre­ichen extreme Wet­ter­ereignisse, Meer­esspiege­lanstieg, Eiss­chmelze, Wasser­erwär­mung, Ver­sauerung und Stör­mungsän­derun­gen unumkehrbare For­men annehmen und anhal­tende Schä­den für Men­sch, Tier und Natur verur­sachen. Schauen wir uns das ein­mal im Detail an.

Die Meere erwärmen sich

Durch die Ver­bren­nung von Rohstof­fen erzeu­gen und ver­brauchen wir täglich Unmen­gen an Energie. Mit jed­er Form von mech­a­nis­ch­er Arbeit wird immer auch ther­mis­che Energie freige­set­zt. Das heißt: Je mehr Energie wir durch indus­trielle und alltägliche Prozesse erzeu­gen, desto mehr Wärme wird freige­set­zt. Diese Wärme nehmen unsere Ozeane als Küh­lungssys­tem unser­er Erde zu 90 Prozent auf, sodass sich sowohl Ober­flächen- als auch Gesamt­tem­per­atur der Gewäss­er erhe­blich erhitzen. 

So far­ben- und lebens­fro­he Koral­len­land­schaften gibt es nicht mehr lange zu bestaunen

Diese Verän­derung bleibt nicht ohne Fol­gen. Zahllose Arten sind gezwun­gen, ihre natür­liche Heimat zu ver­lassen, um Gebi­ete mit Tem­per­aturver­hält­nis­sen zu find­en, die ihren Bedürfnis­sen entsprechen. Nur so kann die erfol­gre­iche Nahrungssuche und Fortpflanzung weit­er­hin gewährt wer­den. Einige Arten besitzen diese Möglichkeit auf­grund ihrer fehlen­den Beweglichkeit jedoch nicht – zum Beispiel die Korallen. Sie sind den lebens­bedrohlichen Verän­derun­gen hil­f­los aus­geliefert. Früher far­ben­fro­he Riffe verblassen (“Koral­len­ble­iche” oder auch “Coral Bleach­ing” nen­nt man das) und mit den ster­ben­den Korallen ver­lieren auch die restlichen Arten ihren Leben­sraum. Viele Riffe sind bere­its heute wie aus­gestor­ben, kein Fisch schwimmt dort mehr. 

Wenn die Tem­per­atur der Meere mit der jet­zi­gen Rate weit­er ansteigt, wer­den Koral­len­riffe bis 2050 gän­zlich aus­gelöscht sein. Auch der Men­sch und seine Indus­trie sind von diesen Fol­gen betrof­fen. Vor allem die Fis­cherei und der Touris­mus viel­er Län­der lei­den darunter.

Ein versauerter Ozean macht gar nicht lustig

Die indus­trielle Ver­bren­nung fos­siler Ressourcen steigert nicht nur die Treib­haus­gaskonzen­tra­tion in der Atmo­sphäre, son­dern wirkt sich auch auf die chemis­che Zusam­menset­zung der Ozeane aus. Wir alle ken­nen den Begriff „saur­er Regen“. Chemikalien, Gift­stoffe und Gase ger­at­en in den Wasserkreis­lauf und verän­dern den PH-Wert des Regens. Dieser entwick­elt dadurch eine ätzende Wirkung. Die Gewäss­er unseres Plan­eten sind die Quelle dieses Regens. Inzwis­chen ist sog­ar bewiesen, dass diese schädliche Konzen­tra­tion bere­its in den Meeren besteht.

Sind der Ver­sauerung des Ozeans schut­z­los aus­ge­set­zt: Korallenriffe

Nie­mand von uns würde seine Hand in ätzen­des Wass­er leg­en, da wir genau wis­sen, dass das nicht gesund sein kann. Viele Pflanzen und Tiere, und beson­ders die mit ein­er empfind­lichen Kalkschale, wie Korallen, Muscheln, Krabben und Plank­ton, sind der zer­störerischen Wirkung der ver­sauern­den Ozeane jedoch schut­z­los aus­ge­set­zt. Diese Arten bilden für eine Mehrheit an Organ­is­men wiederum die Nahrungs­grund­lage und ihr Ster­ben wirkt sich also auf die gesamte Nahrungs­kette und nicht zulet­zt den Men­schen aus.

Temperatur hoch, Land unter

Es ist eine Ver­ket­tung logis­ch­er Ereignisse. Wir pro­duzieren Gase, die in die Atmo­sphäre gelan­gen, diese erhitzen unsere Umwelt, Eis schmilzt bei Erwär­mung und Wass­er dehnt sich aus. Die Folge: Der Meer­esspiegel steigt und das von uns bewohnte Land wird immer weniger. Doch warum sollte es uns inter­essieren, wenn irgend­wo weit weg ein wenig Eis schmilzt, wir Men­schen wohnen ja gar nicht am Nord- oder Südpol?

Zunächst ein­mal: Der let­zte Punkt stimmt schon­mal nicht. Während am Süd­pol zwar lediglich zwis­chen 2000–4000 Wis­senschaftler im Jahr verkehren, beste­ht die Bevölkerung der Ark­tis (Nord­pol) immer­hin aus zwei bis vier Mil­lio­nen Menschen. 

Auf der ganzen Welt beliebt, ist der Eis­bär als gefährdete Tier­art inzwis­chen zu ein­er Ikone des Kli­mawan­dels geworden

Die riesi­gen Men­gen an Eis an den Erd­kap­pen dienen zudem als Küh­lakku für unseren Plan­eten. Fall­en sie weg, kom­men wir Men­schen bei ganz schön ins Schwitzen – zumal wenn die küh­lende Funk­tion der Ozeane gle­ichzeit­ig auch aus­bleibt. Darüber hin­aus sind die bei­den Pole Leben­sraum für um die 13.000 Tier­arten, die direkt oder indi­rekt auf die Exis­tenz von Eis­flächen angewiesen sind. Schmilzt das Eis, entste­ht eine fatale Ket­ten­reak­tion für das Nahrungsnetz der Pole. Ein Beispiel ist die Pro­duk­tion von Algen. Mit ihrem Rück­gang nimmt der Bestand an Kabel­jau deut­lich ab und dadurch bleiben wiederum Eis­bären, Robben und Wale hun­grig, ver­hungern und rutschen auf die Liste der vom Ausster­ben bedro­ht­en Arten. Dieses Muster lässt sich anhand ver­schieden­er Arten am Süd­pol beobachten.

Auch unser Leben­sraum, das Land, ist von den Auswirkun­gen des Kli­mawan­dels auf die Ozeane bedro­ht. Es sind sim­ple Mech­a­nis­men, wie das Schmelzen von Eis und die wärmebe­d­ingte Aus­dehnung von Wass­er, die dazu führen, dass bere­its ganze Inseln unterge­hen. Derzeit­ige Trends sagen vorher, dass bei gle­ich­bleiben­den Bemühun­gen der Poli­tik und Wirtschaft das 2‑Grad-Ziel ver­fehlt und sich unser Plan­et bis 2100 auf ca. 3,2 Grad Cel­sius erwär­men wird. In Städten wie Lon­don, Ams­ter­dam, Rio de Janeiro, Mia­mi, San Fran­cis­co, Alexan­dria und Osa­ka wer­den bis zu diesem Zeit­punkt viele Mil­lio­nen Men­schen dem Wass­er weichen müssen. Spätestens dann wird es wohl Zeit, den Begriff “Kli­maflüchtling” endlich offiziell anzuerkennen. 

Das Meer verkommt zur Müllkippe

Und nicht nur der Kli­mawan­del ist für die Meere eine Bedro­hung. Dazu kom­men Prob­leme wie die generelle Ver­schmutzung und auch Über­fis­chung der Gewäss­er unseres Planeten. 

Ein Sand­strand voller Müll – lei­der kein sel­tener Anblick

Acht Mil­lio­nen Ton­nen Plas­tik­müll lan­den jedes Jahr im Ozean. Dazu kom­men gefährliche Chemikalien wie zum Beispiel Düngemit­tel. Die Gefahr für das Meer und vor allem seine Bewohn­er lassen sich dabei nicht mehr ver­leug­nen. Wale mit dem Magen voller Plas­tik­müll. Meer­ess­child­kröten, denen Stro­hhal­men in der Nase steck­en. Strände voller Flaschen. Plas­tik­tüten, die Quallen ähneln. Dabei braucht eine “robuste Plas­tik­flasche” laut Green­peace “schätzungsweise 400 Jahre, um abge­baut zu werden”. 

Es gibt viele Ideen und Ini­tia­tiv­en, um unsere Meere wieder sauber zu bekom­men – zum Beispiel das Pro­jekt #RefuseTheS­traw, in dem dazu aufgerufen wird, auf nicht abbaubare Plas­tik­stro­hhalme zu verzicht­en. 2013 machte ein Schüler mit ein­er Idee, wie man den Ozean säu­bern kön­nte, auf sich aufmerk­sam. Inzwis­chen hat er über 320 Mil­lio­nen USD für seinen Plan, “The Ocean Cleanup” einge­sam­melt. Mehr zu sein­er Idee find­et ihr auf sein­er Web­seite hier.

Metalle für Smartphones werden im Meer abgebaut

Auch die Indus­trie macht vor dem Ozean natür­lich keinen Halt. 2016 ver­boten zum Glück Kana­da und die USA unter Oba­ma große Teile der Ark­tis für Ölbohrun­gen. Präsi­dent Trump kündigte im Früh­jahr 2017 prompt an, das Ver­bot zu über­prüfen – bish­er kam dabei jedoch nicht viel rum. Auch andere Rohstoffe sucht man unter Wass­er: Met­alle für Smart­phones zum Beispiel. Deren Abbau wirbelt aber nicht nur die Sed­i­mente auf und gefährdet dadurch Lebe­we­sen am Meeres­grund, son­dern set­zt auch tox­is­che Stoffe frei. Die näch­ste Umweltkatas­tro­phe im Namen unser­er Smartphones?

Wie ihr seht, lei­den die Meere ganz schön unter dem men­schlichen Han­deln und man­gel­n­dem Umwelt­be­wusst­sein. Die Auswirkun­gen dessen kön­nen wir dabei nicht ein­mal gän­zlich abschätzen. Ver­mut­lich 90 Prozent der Lebe­we­sen im Meer sind bish­er uner­forscht. Wenn wir mit dem Meer weit­er­hin so umge­hen, wer­den wir viele dieser Arten wohl nie mehr ken­nen lernen – und früher oder später spüren wir die Auswirkun­gen eines zer­störten Ozeans auch bei uns an Land.

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