von Pia Jorks
Für insgesamt drei Wochen habe ich mich in den USA aufgehalten. Manche würden es angesichts der aktuellen Situation auch als „Trumpland“ bezeichnen, als das Land, welches auf Anweisung seiner obersten Politiker dem Pariser Klimaabkommen den Rücken zukehren will.
Für meinen Aufenthalt nahm ich mir vor, einmal genau darauf zu achten, wie nachhaltig oder unnachhaltig der Alltag im Land der unbegrenzten Freiheiten derzeit aussieht. Da ich mich sowohl in der Großstadt New York City, als auch im sehr viel weitläufigeren und ländlicheren Bundesstaat Colorado aufhielt, habe ich den unmittelbaren Vergleich zwischen zwei sehr verschiedenen Lebensentwürfen in diesem großen Land erleben dürfen.
Grundsätzlich sind mir zwei große Problemfelder aufgefallen: Autos und Plastik.
Cars, cars, cars – wie wär’s denn mal mit Nahverkehr?
Laut der Weltbank kommen in den USA auf tausend Einwohner 910 Autos. Das macht insgesamt ca. 296 Millionen Fahrzeuge. Damit sind die USA weltweit Spitzenreiter. Doch nicht nur die Anzahl, sondern auch die Größe ist fatal. Gefühlt fährt jeder einen Truck oder SUV und überall sieht man riesige LKWs. Diesel ist daher der am meisten verwendete Kraftstoff.
Während man in Deutschland in Großstädten zunehmend auf das Fahrrad, den ÖPNV oder gar die eigenen Füße vertraut, scheinen die Amerikaner mit ihrem Fahrzeug wie verwachsen – ganz egal ob ländliche Gegend oder Großstadt. Klar, in New York gibt es immerhin einige Buslinien sowie die Subway, die auch von vielen der acht Millionen Einwohner genutzt wird. 54 Prozent der New Yorker Haushalte besitzen kein Auto und allein der Mitfahrservice Uber besitzt mittlerweile 50.000 Fahrzeuge auf den Straßen der Großstadt –Tendenz steigend. Wenn es schon in Städten, wo eigentlich alternative Möglichkeiten zu den herkömmlichen CO2-Schleudern bestehen, so aussieht, wie ist die Bilanz dann erst anderswo?
Die Antwort überrascht nicht. Im Bundesstaat Colorado, wo es keinerlei ernstzunehmenden Alternativen gibt, liegt die Anzahl von Autos pro tausend Einwohner sogar leicht über dem nationalen Durchschnitt. So auch meine Beobachtung: es gibt keinerlei ausgebaute Fern- oder Nahverkehrsstrecken für Zug oder Busse. Wenn man eine Art Tram nehmen möchte, um nach Denver, also in die Großstadt zu kommen, muss man selbst noch 20 Minuten mit einem Uber fahren. Generell habe ich diesen Fahrdienst so oft wie noch nie nutzen müssen. Jeder Ausflug bedeutete auch gleichzeitig mindestens 1,5 bis 2 Stunden Autofahrt. Gerade bei einem Land wie den USA, wo die Strecken jegliche europäischen Dimensionen überschreiten, muss man sich doch die Frage stellen, warum es bisher noch nicht möglich war, seinen Einwohnern ein vernünftiges Netz an Fortbewegungsmöglichkeiten zu bieten. Dies würde nicht nur bedeutend ökologischer, sondern auch ökonomischer für die US-Bevölkerung sein. Leider bin ich mir nicht einmal sicher, ob überhaupt eine Debatte zu diesem Thema besteht. Dabei waren alle Amerikaner, mit denen ich gesprochen habe und die schon einmal in Europa waren, hellauf begeistert von unserem öffentlichen Nahverkehr. Vielleicht besteht also in einer nicht allzu fernen Zukunft die Chance auf ein Umdenken.
Plastik hier, Plastik da, Plastik überall!
Beim täglichen Einkauf werden dir mindestens zwei Plastiktüten – nein, nicht einmal angeboten. Sie werden einfach wie selbstverständlich um deinen Einkauf gepackt. Jedes Mal lehnte ich energisch ab und spürte dann großes Verdutzen und Irritation seitens der Verkäufer und anderen Kunden. In Amerika werden jährlich 100 Milliarden Plastiktüten verbraucht. Aneinander gebunden könnte man damit 1.300 Mal die Erde einwickeln. Das ist kein Wunder: Nicht nur wird jeder Einkauf zweimal eingepackt. Wenn es nach den meisten Kassierern ginge, käme auch noch jeder Artikel einzeln unter Folie. Einkaufen wurde für mich deshalb zum regelrechten Kampf.
Aber nicht nur im Supermarkt, sondern auch in Restaurants hörte dieser Horror nicht auf. Was schätzt ihr: Wie viele Tonnen Müll landen jeden Tag bei Five Guys, Wendy’s und Co. nach Ladenschluss auf der Straße? Dieses Bild gibt einen guten Eindruck davon:
Plastikbesteck, Plastikbecher, Strohhalm, jede Soße und jeder Salat in einem extra Plastik-Behältnis, natürlich nicht geeignet um in der Spülmaschine gesäubert und wiederverwendet zu werden. Also ab in die riesigen Müllsäcke und Mülltonnen damit, Mülltrennung dabei leider ebenfalls irrelevant.
Ich fühlte mich nach einiger Zeit wie in einer Plastikwelt. Im Kampf gegen den Klimawandel kommt es neben den politischen Statements und Entscheidungen vor allem auf unsere Taten im Alltag an, doch die Umstände die ich da in den USA beobachten konnte, waren alles andere als ermutigend. Recycelt werden in den USA lediglich 30 Prozent des pro Tag produzierten Mülls – im Schnitt produzieren die Amerikaner rund zwei Kilogramm Abfall pro Person und Tag (Amerikanische Umweltagentur). Damit gehören die USA zu den größten Abfallproduzenten und zu den schlechtesten Recyclern der Welt. Auch Deutschland und andere europäische Ländern zählen zu den Spitzenreitern der Müllproduktion, jedoch werden in der Bundesrepublik heute bereits mehr als zwei Drittel des Abfalls wieder- und weiterverwertet.
Fazit
Angesichts der Klimawandelleugnungen durch President Donald Trump höchstpersönlich, erhoffte ich mir ein wenig mehr Bewusstsein in der Bevölkerung selbst, um dem entgegen zu handeln. Die Änderungen, die hier erforderlich sind, scheinen jedoch Verhaltensweisen anzugreifen, die mit der amerikanischen Kultur eng verwachsen sind. Autos und Plastik gehören hier einfach so selbstverständlich zum Leben wie Luft und Wasser. Genau dieses Denken muss sich dringend ändern, doch dazu muss zuerst ein Bewusstsein für die Missstände an sich entstehen und es müssen nachhaltige Alternativen angeboten werden – wobei wir wieder bei den Aufgaben der Führung des Landes wären. Ich kann nur sagen: Liebe USA, das geht doch besser. Ich würde hoffen, dass sich bis zu meinem nächsten Besuch schon etwas getan hat.