2017 war für die Klimadelegation ein überaus spannendes Jahr. Wir besuchten die Intersessionals, viele von uns waren bei der Organisation der Jugendkonferenz #COY13 beteiligt und ein Teil der Delegation flog für einen deutsch-fidschianischen Jugendaustausch auf die Fidschiinseln. Im November dann das große Highlight: Die 23. UN-Klimakonferenz in Bonn. Viele unserer Mitglieder waren in diesem Jahr zum allerersten Mal dabei und berichten hier von ihren Eindrücken als Newbies.
Die COP als Kosmos
Jemand hat einmal gesagt, eine UN-Klimakonferenz sei wie Uni – nur besser. Denn die tausend Veranstaltungen und Diskussionen berichten nicht nur aus der Praxis, sondern sich auch direkt für die Praxis relevant. Besser könnte ich es gar nicht ausdrücken, wobei ich vielleicht ergänzen würde, dass der Wert von Tutorien nicht zu unterschätzen ist. Man muss sich auf jeden Fall die Zeit und gerne die Hilfe von COP-Erfahrenen in Anspruch nehmen um in diesem Kosmos klarzukommen. Wirklich positiv überrascht war ich davon, wie sehr sich unsere Truppe tatsächlich einmischen konnte. Wir haben die Bühnen genutzt, die so ein Event bietet, und beispielsweise im Talanoa-Space unsere Erfahrungen geteilt oder lautstark unsere Meinung zur deutschen Klimaschutzpolitik kundgetan. – Christian Deutschmeyer
Auf ins kalte Wasser
Aufgrund meiner Erfahrungen bei den Zwischenverhandlungen im Mai hat sich meine erste Klimakonferenz schon recht vertraut angefühlt. Mein Motto hieß wie immer: Auf ins kalte Wasser! So stürzte ich mich direkt in die Arbeit mit den Arbeitsgruppen von YOUNGO. Mit der ACE (Action for Climate Empowerment) Arbeitsgruppe fingen wir direkt von Tag 1 an, uns mit den für ACE verantwortlichen Personen der einzelnen Länder zu treffen. Mit unseren fidschianischen Austauschpartner*innen konnten wir zwei sehr emotionale Talanoa Sessions organisieren. Dort haben wir – frei nach dem Talanoa-Dialogkonzept – offen und ehrlich unsere innere Motivationen für den Kampf gegen den Klimawandel ausgetauscht. Dabei war zu spüren, wie tief uns das Thema alle berührt und wie wir durch diese Gespräche auch gemeinsam Kraft für den weiteren Kampf gewinnen können. Trotz einiger frustrierender Situationen hat mich diese COP auch weiter hoffnungsvoll gestimmt, dass wir gemeinsam mit anderen jungen Menschen aus aller Welt noch viel erreichen können. – Clara von Glasow
Input ohne Ende
Die ersten drei Tage fühlte ich mich sehr verloren zwischen all den Veranstaltungen: Überall fand jederzeit ein Side Event statt. Mir fiel es sehr schwer, mich thematisch zu fokussieren und zu ordnen. Die Klimakonferenz erschien mir wie ein eigenes Universum, dessen Konstellationen ich noch lange nicht verstehen würde. Doch im Laufe der Woche gewann ich Klarheit – vor allem dank des täglichen Briefings von Climate Tracker. Diese gebündelte Informationsweitergabe und ‑verbreitung habe ich als sehr wertvoll wahrgenommen! Mein persönliches Highlight war die Aktion „Pass the mic“. Junge Menschen schafften dabei einen Raum, in dem Forderungen der anwesenden indigenen Jugend ebenso Raum fanden wie ihre persönlichen Erfahrungen mit Diskriminierung. Wir “dekolonisierten” diesen kleinen Teil der Verhandlungen und ließen die Menschen zu Wort kommen, denen so oft nicht zugehört wird. – Sarah Neuffer
Ambitionierte Menschen aus aller Welt
Sicherheitskontrollen wie am Flughafen, Menschen, die geschäftig auf ihre Laptops und Smartphones einhacken, das obligatorische blaue Bändchen um den Hals, das zeigt, dass man zu diesem erlesenen Kreis gehört. Wenn man die Räumlichkeiten des UN-Klimagipfels betritt, wird einem sehr schnell bewusst, dass nicht allen der Zugang zu diesem Universum gestattet ist. Im Laufe meiner Zeit auf der Konferenz konnte ich hinter die Fassade schauen und viele, insbesondere junge Menschen kennenlernen, die aus aller Welt an diesem Ort zusammengekommen waren, um sich für ambitionierte Klimapolitik einzusetzen. Nicht die prominenten Redner*innen auf dem Podium standen im Vordergrund, sondern die Arbeit der vielen engagierten Menschen, die sich während der Zeit auf der COP unermüdlich für nachhaltige Klimapolitik und Umweltschutz einsetzten. Ich hatte das Glück, Teil einer hochmotivierten jungen Delegation zu sein und wir bekamen die Chance, an diesem exklusiven Prozess teilzunehmen. Ich hoffe, dass wir ihn auch für Außenstehende ein kleines Stück transparenter und zugänglicher machen konnten. – Sophie Dolinga
Nieder mit dem Elfenbeinturm
Einen großen Teil der Zeit auf der COP verbrachte ich damit, mir Fragen zu stellen: Wo ist Meeting Room 10 und wie komme ich dahin? Und will ich da überhaupt hin? Klingt das Side Event im deutschen Pavillon nicht interessanter? Obwohl… in der Bula-Zone sind gerade auch spannende Verhandlungen über den Anpassungsfonds. Lohnen sich die 20 Minuten mit dem Leihrad? Was machen eigentlich die Leute aus meiner Delegation? Und hey, wo hat er das Essen her, war das kostenlos? Ein Fragenhagel, der oft mit Sinnfragen sein Schlusspunkt fand: Wer bin ich und was mache ich hier überhaupt? Die Möglichkeiten für mich, auf die Verhandlungen einzuwirken, sind begrenzt. Was bewirkt meine Präsenz hier dann eigentlich? Die Antwort war letztlich immer: Viel! Das zeigten mir andere junge Klimaaktivist*innen und insbesondere meine Delegation. Wir vertreten die Zivilgesellschaft und unsere Generation auf der COP. Unsere Aufgabe ist es, den Unterhändler*innen in ihrem Elfenbeinturm die Realität zu zeigen und sie an ihre Verantwortung zu erinnern. Durch unsere Protestaktionen und den offenen Brief, den wir sogar Bundesumweltministerin Hendricks übergeben konnten, haben wir viel Aufmerksamkeit erzeugt. Das motiviert mich und für die nächste COP nehme ich mir eines vor: Nicht so viel fragen, einfach machen! – Patrick Kohl
Unser Engagement wirkt
Sehr vielen Erzählungen hatte ich vor meiner ersten Klimakonferenz gelauscht, sehr viele Fragen habe ich gestellt – und am Ende war alles zwar genauso wie beschrieben, aber gleichzeitig ganz anders und unerwartet. Man kommt an und wird von Themen überrollt, an die man im Traum nicht gedacht hätte, trifft Menschen, die durch ihre Geschichten ganz neue Denkrichtungen anstoßen und am Ende geht man nach Hause und merkt, dass das Universum, in dem man sich für ein paar Tage befunden hat, eigentlich ein Paralleluniversum war. Die Welt dreht sich weiter als wäre nichts gewesen und man hofft – motiviert durch die Leidenschaft der vielen anderen jungen Menschen – es würde sich sofort etwas tun. Tut es aber nicht. Wenn schon Verhandlungen zäh laufen, dann ist die Realität nicht schneller. Trotzdem: Das bisschen “Übermotiviertheit” zu Beginn und währenddessen ist selbst dann wichtig, wenn man weiß, dass man bei (s)einer (ersten) COP nicht viel verändern wird. Denn die vielen begeisterten Individuen der Delegation können zusammen sehr wohl etwas bewirken. – Fenja Feitsch