Deutschlands Absage an eine zukunftsgerichtete EU? Klimadelegation e.V. kritisiert fehlende Weitsicht der Bundesregierung
30.06.2020
Am 1. Juli beginnt die deutsche EU-Ratspräsidentschaft. Zu den Schwerpunkten für das nächste Halbjahr zählt die Bundesregierung zuvorderst die Bewältigung der Corona-Krise und den Wiederaufbau der europäischen Wirtschaft. “Das Thema Klimaschutz wird trotz der einmaligen Chance nur als weiteres Thema abgehandelt”, kritisiert Pia Jorks, Policy-Vorstand der Klimadelegation e.V. “Viele junge Menschen stellen sich die Frage: Wird Deutschland in der EU die junge Generation über dem Versuch, eine alte Normalität festzuhalten, vergessen?”.
Gerade Covid-19 zeigt, wie verletzlich unser Wirtschaftssystem ist. “Ein “Zurück zur Normalität” darf es nach Corona nicht geben”, warnt Jorks. “Wir müssen jetzt umdenken für eine nachhaltige und krisenfeste Zukunft. Wenn wir jetzt schon so viel Geld in die Hand nehmen, dann muss das einer zukunftsgerichteten, klimafreundlichen Politik dienen. Das Pariser Klimaschutzabkommen mit seinem 1,5‑Grad Ziel sollte uns dabei als Kompass leiten”.
Die Signale aus Berlin zeigen jedoch in eine andere Richtung. Während lange Zeit die Rede vom Abschluss eines EU-Klimaschutzgesetz mit verbindlichem Treibhausgasneutralitäts-Ziel bis 2050 war, möchte die Bundesregierung jetzt nur noch “darauf hinarbeiten”. “Um am Ende nicht als Klima-Bremser dazustehen, muss sich Deutschland für die Verabschiedung eines effektiven EU-Klimaschutzgesetz mit Treibhausgasneutralität bis 2050 und einem Zwischenziel von 65% CO2-Reduktion bis 2030 verglichen mit 1990 einsetzen”, fordert Klimadelegations-Mitglied Dorothee Rilling.
Vor dem Hintergrund des Pariser Klimaabkommens müssen die eingereichten nationalen Klimaschutzbeiträge turnusgemäß bis Ende des Jahres erhöht werden. “Die EU muss international vorangehen und selbstbewusst in den Dialog mit China und weiteren Großemittenten treten. Das ist angesichts der verschobenen Klimakonferenz umso wichtiger”, bewertet Pia Jorks. Der hohe Stellenwert, den die Bundesregierung der Zusammenarbeit mit der Afrikanischen Union im Präsidentschaftsprogramm beimisst, stimmt positiv. Finanzielle Unterstützung bei klimabedingten Schäden und Anpassungsmaßnahmen sind dringend erforderlich.
Die Weichen, die in den nächsten sechs Monaten gestellt werden, werden die Zukunft junger und nachkommender Generationen in Europa langfristig beeinflussen. Zeit, sie darum in Entscheidungen einzubinden: “Eine Beteiligung junger Menschen, beispielsweise durch Online-Konsultationen, ist unerlässlich”, findet Rilling. “Wer Zukunft verhandeln will, muss ihr zumindest einen Platz am Tisch anbieten.”