Am Freitag den 6. Juni inszenierten die Nichtregierungsvertreter (NGO’s) den offiziellen Wiedereintritt in die Klimaverhandlungen, nachdem sie den Warschauer Gipfel aus Protest verlassen hatten.
Gemeinsam mit den Ministern der 192 teilnehmenden Länder möchten sie Lösungen erarbeiten, welche die schlimmsten Folgen des Klimawandels noch abwenden können. Neben der Festlegung konkreter Ziele zur Verringerung des CO2-Anteils in der Atmosphäre soll es um eine gerechte Verteilung der weltweiten Verantwortung gehen.
Viele zivilgesellschaftliche Beobachter waren bezüglich positiver Ergebnisse auf dem Warschauer Gipfel 2013 hin zu einem Abkommen, welches die in Rio gesteckten Ziele näher gebracht hätte, skeptisch geblieben. Nicht zu Unrecht: Erfahrungen aus Toronto hatten gezeigt, dass sich ohne ein verbindliches politisches Ziel nicht viel bewegen würde. In den späten 1980er Jahren einigen sich die Staaten dort mündlich darauf, 20 Prozent der CO2-Emissionen bis zum Jahre 2005 zu reduzieren. Rund 25 Jahre später war das Ziel nicht nur verfehlt, man war kläglich gescheitert. Der CO2-Ausstoß stieg stattdessen weltweit noch einmal um 20 Prozent an.
Laut Wissenschaft ist der Umstieg von fossilen Energieträgern hin zu Erneuerbaren Energien und umweltfreundlichen Technologien machbar. Die Umsetzung der notwendigen Maßnahmen scheiterte bisher lediglich am politischen Willen. Obwohl die Kyotokonferenz im Jahre 1997 die Weichen für ein internationales Abkommen stellen sollte, dauerte es noch weitere acht Jahre, bis durch die Unterschrift Russlands genügend Staaten dem Protokoll zugestimmt hatte, sodass es in Kraft treten konnte. 2012 lief die erste Phase ohne Einigung auf weiteres Vorgehen aus. Bis heute hat nur ein minimaler Anteil der Staaten das Abkommen über eine weitere Laufzeit ratifiziert.
Die Europäische Union war lange Jahre die Vorreiterrin im Bereich der Energiewende. Das gesetzte Ziel von 20 Prozent Emissionsreduktion hat sie heute schon erreicht. Ambitionen, ihre Ziele anzuheben, blieben allerdings bisher aus, wofür sie starke Kritik von internationalen Nichtregierungsorganisationen und den Vereinigungen der Länder des globalen Südens erntet.
Umso früher der Wendepunkt beim Ausstoß von CO2-Emissionen stattfindet, umso wahrscheinlicher kann das empfohlene 2‑Grad-Ziel eingehalten werden, wodurch die wohl schlimmsten Auswirkungen des Klimawandels eindämmt werden könnten. Im Vergleich: Die Erderwärmung heute ist um vier Grad Celsius seit der Eiszeit gestiegen. Diese vier Grad haben ausgereicht, um die Struktur des ganzen Planeten zu verändern. Diesen Zusammenhang und die möglichen Szenarien des globalen Klimawandels werden durch die Studien im IPCC-Bericht beleuchtet.
Bereits am ersten Tag der Konferenz in Warschau hatte der Philippinische Delegierte in seiner Rede einen Hungerstreik angekündigt, um Solidarität mit den Opfern der Flutkatastrophe seines Landes zu demonstrieren. Begründet hatte er dies mit dem Fortgang des politischen Alltagsgeschäfts der Industriestaaten, die für den Großteil des Emissionsausstoßes verantwortlich sind, während andere Teile der Welt bereits direkt unter den Folgen des Klimawandels zu leiden haben.
Aus Sicht von Verbandsvertretern wurden die politischen Entscheidungsprozesse stark von wirtschaftlichen Interessen dominiert. In Warschau löste die massive Finanzierung des Gipfels durch multinationale Konzerne und der parallel stattfindende Kohlegipfel Protest in der Zivilgesellschaft aus. Zusätzlich wurde der Polnische Umweltminister, Marcin Korolec, welcher gleichzeitig das Amt des Präsidenten der Ministerkonferenz der UNFCCC inne hat, seines Amtes enthoben.
Schluss mit Sabotage durch mächtige Unternehmensinteressen
Um ein starkes Zeichen zu setzen, schlossen sich erstmals überhaupt alle Nichtregierungsorganisationen (NGO’s) zusammen, um gemeinsam einen Walk-Out, ein kollektives Verlassen der Konferenzen, zu organisieren. Rund 800 Teilnehmer verließen somit den Klimagipfel in Warschau, weil sie sich als Vertreter der Zivilbevölkerung kein Gehör verschaffen konnten und die Gespräche massiv ins stocken geraten waren.
Die Zwischenverhandlungen in Bonn sollen den Auftakt für eine Wiederaufnahme der Gespräche ermöglichen. Am Freitag inszenierten die NGO-Vertreter ihren offiziellen Walk-In (ihr Betreten) und übergaben den Ministern ihre Deklaration, in der die notwendigen Ziele für ein kommendes Abkommen dargestellt werden.
Ein kleiner Ausschnitt der Deklaration wurde sinngemäß folgend übersetzt:
Wir sind die Menschen, die die Klimakonferenz in Warschau verlassen haben, um sich in einem Ruf für mehr Handeln im Klimaschutz vereint haben. Wir sind zusammengekommen, um alle leitenden Köpfe der Klimaverhandlungen daran zu erinnern, dass sie gefährlich dabei sind von ihrem Weg abzukommen (ein Abkommen zu verabschieden, welches noch ermöglicht, die schlimmsten Klimafolgen zu verhindern).
Während die Umwelt massiv zerstört wird und Menschen ihr zu Hause oder sogar ihr Leben verlieren, fahren Regierungen einen Kurs fort, der im Interesse einiger wenigen Wohlhabenden geschieht. Die vereinen sich mit großen Unternehmen, und unterstützen nicht nachhaltige Konsum- und Produktionsweisen, obwohl dringend ein Umdenken hin zu einer nachhaltigeren, ökologischeren und gerechteren Welt notwendig ist.
Wir sind zurück, sehr viel stärker als zuvor und gestärkt durch die Stimme derer, die bereits auf der ganzen Welt zusammenstehen, um der Dringlichkeit dieses Problems gerecht zu werden. Wir, der große Teil der Zivilgesellschaft, die Sie, Minister, repräsentieren und nicht länger ignorieren können.
In den kommenden Wochen und Monaten, bis zum Klimagipfel in Paris, werden wir härter kämpfen als jemals zuvor, um Regierungen zu Folgendem zu veranlassen:
- Ein globales Ziel die Erderwärmung zu limitieren, welches Bezug auf die “Tipping points” (Wendepunkte, an dem es kein zurück gibt der Umweltzerstörungen) des IPCC-Berichts nimmt, sowie das Recht auf Nahrung und Nahrungssouveränität mit einschließt (Unfruchtbarkeit von Land durch Erderwärmung in einigen Ländern).
- Eine globale Transformation hin zu erneuerbaren Energien, welche dezentralisiert ist, in öffentlicher Hand, bezahlbar und alle Menschen weltweit mit einbezieht, um Lebensgrundlagen zu sichern.
- Die Heraufsetzung der Ziele bis 2020 durch die Staaten, welche sie bereits erreicht haben.
- Gerechtigkeit und faires Teilen der Anstrengungen, um den Wandel zu bewältigen, vor allem durch die Länder, die historische Verantwortung tragen (Industrieländer haben den Klimawandel hauptsächlich zu verantworten).
- Befähigen Sie die Menschen, mit dem Klimawandel umgehen zu können, indem sie ihre Rechte beschützen.
- Definieren Sie konkrete Ziele für den Transfer von Kosten und Technologie.
- Verhindern Sie den Einfluss von Unternehmen mit ihren falschen Lösungen für die Entscheidungen im internationalen Klimaschutz.
Wir fordern diejenigen auf, die behaupten, uns zu repräsentieren, uns entweder zu unterstützen oder zur Seite zu treten!
Vollständiger Text auf Englisch nachzulesen auf: www.volveremos.org
Bild und Text: Marilena Häring