von Fenja Feitsch
Gewiss — es mag kalt sein in Amerika, vielleicht sogar kälter als jemals zuvor… Prompt also ein Grund für Trump auf Twitter für Furore zu sorgen, quasi in der Art „Ich hätte da gerne noch ein kleines Stückchen von – wie hieß die nochmal? – Ach ja, ein Stückchen von der guten alten Erderwärmung.“
Man mag darüber im ersten Moment vielleicht lachen können. Trump ist ein Skeptiker, vielmehr noch ein Kritiker des, wie er selbst es nennen würde, „Klimawandel-Mythos“. Dass man Trump nicht mit rationalen, offensichtlichen und konkreten Gegenbeispielen kommen braucht, liegt mehr als auf der Hand. Sein Kopf denkt nicht rational. Meist denkt sein Kopf wohl gar nicht.
Der Klimawandel ist heute schon Realität
Aber genug gelacht – schnell kommt der zweite Moment und einem ist vielmehr zum Weinen zumute. Zum Beispiel wenn man liest, dass die Hauptstadt Südafrikas, Kapstadt, momentan mit einer der größten Dürren des Jahrhunderts zu kämpfen hat. Hier braucht wirklich gar niemand auch nur eine Messerspitze an Erderwärmung. Hier weiß man, wie real die ist – und welche Konsequenzen sie mit sich bringt. In Kapstadt leben die Menschen derzeit von rund 85 Litern Wasser pro Tag und Person. Dieses Jahr sollen pro Tag und Person nur noch 40 Liter verbraucht werden.
Verglichen mit den Werten in Deutschland scheint das kaum vorstellbar. Wir leben von mehr als 120 Litern Wasser pro Tag und Person. Unsere Schwimmbäder sind immer und gerade an den heißesten Sommertagen gefüllt. Unsere Gärten können selbst in der längsten Trockenperiode gewässert werden. Beim Kochen, Waschen und Spülen machen wir uns nicht mal mehr Gedanken um das Wasser – oder sollte man besser sagen: um die Ressource Wasser.
Es mag im ersten Moment komisch wirken. Eine Ressource, das sind Gold, Silber und Platin, das sind seltene Erden, das ist Erdöl, das ist eben alles, was wertvoll ist. Doch was genau bedeutet in diesem Zusammenhang „wertvoll“? Klar, Gold ist selten und deshalb so begehrt. Bei seltenen Erden ist das, trotz ihres Namens, schon schwieriger, denn sie sind zwar in Mengen vorhanden, aber immer nur in sehr kleinen. Dadurch sind sie nur mit großem Aufwand abbaubar, der dann im Vergleich zu einer sehr geringen Ausbeute steht. Verbunden mit erheblichen Umweltinvestitionen und Transportkosten aus den entlegensten Gebieten der Welt, die weitere zusätzliche Kostenfaktoren mit sich bringen, sind seltene Erden aber definitiv sehr teuer.
Kostbar und überlebensnotwendig
Doch wenn eine Ressource wertvoll und Wasser eine Ressource sein soll, ist Wasser zwangsläufig wertvoll? Ja und nein, denn der Ressourcenbegriff ist wandelbar. Er unterliegt immer auch seiner Zeit, den Menschen und seinem Ursprungort. Eine Reliquie für Christen hat keine Bedeutung für einen Buddhisten. Das Farbpigment Lapislazuli reihte sich im Mittelalter in eine Linie mit Gold, Silber und Kupfer ein. Heute ist es dank synthetischer Herstellung möglich, jedes erdenkliche Blau für kaum einen Cent herzustellen.
Genauso geht es der Ressource Wasser. Während man in Deutschland Wasser aus der Leitung trinken kann und dennoch Geld für Wasser aus der Flasche ausgibt, sind Menschen in anderen Teilen der Welt gar dazu gezwungen, Wasser zu kaufen. Nicht, weil nur dieses rein und gesundheitlich unbedenklich ist, sondern schlicht, weil es zu wenig oder gar kein Wasser aus der Leitung gibt. So regelt sich der Preis für Wasser schließlich über Angebot und Nachfrage. Wenn das Angebot gering ist und die Nachfrage groß, steigt der Preis – bis zu einem Punkt, an dem man wohl sagen könnte: Das ist definitiv wertvoll. Vielleicht aber auch bis zu einem Punkt, an dem man wohl sagen könnte: Das ist definitiv nicht mehr fair! Das ist ungerecht.
Denn Gold und Wasser sind eben doch zu unterschiedlich. Gold braucht man nicht zum Leben und schon gar nicht zum Überleben. Wasser ist das Grundnahrungsmittel Nummer Eins. Und es ist noch viel mehr. Wir reden nicht nur von den täglichen zwei Litern Trinkwasser, die empfohlen werden. Menschen brauchen Wasser zum Waschen, zur Hygiene, zum Bewässern von Pflanzen, die wir schließlich als Nahrungsmittel brauchen. Die Natur braucht Wasser zum Überleben, damit sie wiederum uns beim Überleben helfen kann. Wasser ist kein Gold und kein Privileg der Reichen sondern zweifellos eine wertvolle Ressource und gleichzeitig Grundlage allen Lebens auf der Welt.
Wasser muss allen zur Verfügung stehen
Mit Dürreperioden hatten Menschen schon immer zu kämpfen und doch waren diese früher anders. Sie waren vielleicht absehbarer, Völker konnten sich einfacher anpassen und Nomaden zogen in andere Gebiete. Dürre ereignete sich damals meist in Regionen der Welt, die einfacher ohne Wasser „überleben“ und „funktionieren“ konnten, weil sich sowohl die Menschen als auch die Natur daran gewöhnt und darauf eingestellt hatten. Doch die Überbevölkerung der Welt, neue Lebensweisen und Gewohnheiten und nicht zuletzt der Klimawandel sind Auslöser und Ursache vieler neuer Wetterereignisse – extreme Kälte, extreme Hitze, extreme Dürre. Und zwar auch in Regionen, die damit bisher kaum in Berührung kamen.
Es kann und darf nicht sein, dass Wasser als Lebensgrundlagen zu einer wertvollen Ressource im klassischen Sinne „mutiert“. Es muss nach wie vor allen zur Verfügung stehen. Und anders als andere Ressourcen muss Wasser vor den marktwirtschaftlichen Mechanismen dieser Welt geschützt werden. Angebot und Nachfrage darf kein Gut regeln, das jeder zum Überleben braucht. Dabei wird Wasser den Attributen des Begriffs “Ressource” definitiv mehr und mehr gerecht. Vielleicht also ein Grund vorzusorgen. Ich sage: Neben all den bürgerlichen und politischen Menschenrechten der ersten Generation, sollte, neben dem bereits bestehendem Recht auf Nahrung, das gesonderte Recht auf Wasser Eingang in die Liste der Menschenrechte zweiter Generation erhalten.
Nochmal zurück zum Anfang
Und ich sage: Nein, Mister Trump. Wir brauchen kein noch so kleines Stückchen der „guten, alten Erderwärmung“. Selbst wenn man sich in Amerika momentan etwas dicker anziehen muss, ist inzwischen hinreichend belegt, dass auch diese Kälte durch den Klimawandel rührt.
Wir brauchen Menschen, die verstehen, was der Klimawandel ist und was es mit der Erderwärmung auf sich hat. Wir brauchen Politiker, die verstehen, wie wichtig internationale Zusammenarbeit bei diesem Thema ist. Eben keine Trumps.
Der Klimawandel ist dafür verantwortlich, dass sich neue, knappe Ressourcen herausbilden, die keine sein sollten. Wasser ist eine davon. Offene, liberale Wirtschaftspolitik hin oder her. Es gibt Güter, die sollten und dürfen nicht privatisiert werden — nirgendwo. Eben jene Güter, die alle zum Überleben brauchen. Eben Wasser.