Die Aktivistin* Jada Lauren Kennedy spricht darüber, wie sie zuerst zur Klimaaktivistin* und später zur Aktivistin* wurde, die sich auf die Intersektionalität der verschiedenen Krisen, denen wir in unserem System ausgesetzt sind, konzentriert. Sie erzählt, was sie zu diesem Weg geführt hat und mit welcher Identitätskrise sie als junge Womxn of Color konfrontiert ist.
- ein Artikel von Jada Kennedy (she/they)
-English version at the end of this page-
‘Die Welt mag dich vielleicht nicht, wegen deiner Hautfarbe’ oder ‘Du bist Schwarz und das ist schön’ die Worte meines Vaters mit der darauf folgenden Reaktion von mir als Kind: ‘Ich bin nicht Schwarz, ich bin brown!’
In den letzten Jahren habe ich mich fortwährend weiterentwickelt, indem ich mich über den Klimawandel, Intersektionalität und viele andere Themen, mit denen dieses System zu kämpfen hat, informiert habe. Für mich begann alles mit den Klimaprotesten 2019, aber auf dem Weg kam ich zu dem Schluss, dass alles miteinander verbunden ist. Ich bin schnell aus meinen nicht umweltfreundlichen Gewohnheiten herausgetreten und bereit gewesen, für Veränderungen zu kämpfen. Angefangen mit Umweltgerechtigkeit. Deshalb wollte ich auch, dass meine Stimme gehört wird. Und so entwickelte ich mich vom stillen Kind in der Klasse zu einer Schulschwänzerin, um Klima- und soziale Gerechtigkeit zu fordern. Das brachte mich auch dazu, für mich selbst vor meiner Familie einzustehen, die ständig sagte, dass ich mit meinem Aktivismus überreagiere .
In diesen letzten Jahren habe ich mit vielen Dingen gekämpft. Wenn ich als 19-jährige POC-Womxn (Person of Color — Frau)2 auf meine Kindheit zurückblicke, war einer der Hauptkämpfe, die ich in letzter Zeit durchgemacht habe, die Konfrontation mit mir selbst über meine verinnerlichte Anti-Schwarzheit und mich selbst zu akzeptieren. Ich habe es vermieden, in die Sonne zu gehen, damit mein Teint nicht dunkler wurde. Ich hasste meine Schwarzen Gesichtszüge. Wenn jemand sagte, ich sei Schwarz, korrigierte ich ihn und sagte: “Ich bin brown!” Und leider ging die Liste noch weiter.
In Kombination mit der Tatsache, dass ich meine eigene Geschichte nicht kannte, kämpfte ich damit, herauszufinden, wer ich wirklich bin, wo ich hingehöre oder wo ich mich sicher fühle, als eine Womxn of Colour2 in dieser Gesellschaft. Das beschäftigte mich noch zusätzlich zu meinem sonstigen Aktivismus. Ich möchte Euch daran erinnern, dass diese Gesellschaft nicht will, dass BIPOC-Menschen1 ihre Geschichte kennen.
Vor etwas mehr als einem Jahr habe ich mich selbst als “gebleicht” bezeichnet, einfach weil ich es war. Wie könnte ich auch nicht? Ich wurde in einer mix-raced Familie geboren, lebte aber mit meiner Mutter, die weiß ist. Ich ging auf eine weiße Schule. Dazu kommt die Tatsache, dass die Gesellschaft BIPOC-Menschen1 kriminalisiert. Wir sprechen nicht einmal über diese unausgesprochene Hierarchie, die sich in der Gesellschaft zeigt. Ich ging und sprach also weiß. Alles außer meiner körperlichen Erscheinung war weiß. Das führte zu Identitätsproblemen. Gedanken wie “Ich bin zu Schwarz, um weiß zu sein, und zu weiß, um Schwarz zu sein” oder “Wo immer ich hingehe, werde ich als Ausländer*in gesehen und behandelt, selbst in meinem Geburtsland, den USA”. Das alles, weil wir in einer cis-weißen, männlich dominierten Gesellschaft leben und Minderheitengruppen immer noch unterdrückt und marginalisiert werden.
Später entdeckte ich den Begriff Intersektionalität, der meine Lebensperspektive schnell erweiterte. Ich muss zugeben, dass es mir nicht gefiel, all diese Informationen zu kennen, als ob die Klimakrise nicht schon genug wäre, um dafür zu kämpfen oder sich überhaupt den Kopf zu zerbrechen. Je mehr man liest oder sich bildet, desto mehr Fragen hat man und desto mehr Sorgen macht man sich. Zumindest nach meiner Erfahrung. An diesem Punkt wollte ich für jede*n und alles kämpfen. Was sich dann auf meine mentale Gesundheit auswirkte, dazu kommt, dass hinter jeder*m Aktivist*in ein Mensch mit Verantwortlichkeiten in dieser Gesellschaft steht. Seit ich der Klimabewegung beigetreten bin, habe ich kaum ein Gespräch geführt, ohne Themen über “mentale Gesundheit” anzusprechen. Das war, bevor ich Aktivistin* wurde, definitiv nicht der Fall.
Die Identitätskämpfe neben meinem Aktivismus lasten auf meiner mentalen Gesundheit, glücklicherweise nicht auf meinem Aktivismus. All diese Emotionen ließen mich noch lauter schreien und sprechen. Jede Lebenserfahrung, die ich durchgemacht habe oder die ich als Zuschauerin* miterlebt habe, all die Ungerechtigkeiten erinnerten mich immer wieder daran, wofür ich gekämpft habe und wofür ich in den kommenden Jahren kämpfen werde. Ich weiß, dass mein Kampf niemals enden wird, solange es irgendeine unterdrückte Person auf diesem Planeten gibt. Obwohl ich unter schlimmen sozialen Ängsten leide, werde ich weiterhin ständig auf die Straße gehen, um gegen Ungerechtigkeit zu kämpfen. Glaubt mir, ich hasse mich auch dafür, aber ich bin auch stolz auf mich. Ich weiß, dass jedes kleine Stottern in meinen zukünftigen Reden, die ich halten werde, auf meine Hautfarbe, meine ethnische Zugehörigkeit, mein Aussehen und all das, was diese Gesellschaft “Unvollkommenheiten” nennt, gerichtet sein wird, so wie es in der Vergangenheit geschehen ist.
Ich werde Euch etwas sagen, sie dachten, sie hätten Dich durchschaut, aber es gibt Ebenen an Euch, Dimensionen, die für diejenigen, die mit Annahmen agieren, unsichtbar sind. Was andere über Dich denken oder annehmen, liegt nicht in deren Verantwortung.
Ich bin definitiv von einer Klimaaktivistin* dazu übergegangen, nur noch das übergeordnete Wort Aktivistin* als Oberbegriff für Feministin*, Menschenrechtsaktivistin*, Klimaaktivistin*, … zu verwenden.
Am Ende des Tages konnte ich mir selbst einfach nicht mehr in die Augen schauen, wissend, dass ich etwas hätte tun können, aber nichts getan habe. Also eine Botschaft für Euch: Zuhören, verlernen, lernen, unterstützen, HANDELN! Seid selektiv bei den Informationen, die Euch zur Verfügung gestellt werden. Wagt es, unsere Regierung zu kritisieren,
unsere Gesellschaft und ihre Wege.
Das ist zumindest das, was ich weiterhin versuchen werde.
Ich bin Jada Lauren Kennedy, ich muss nicht geduldet werden und ich brauche Eure Erlaubnis nicht. Ich möchte geschätzt, anerkannt und gewürdigt werden. So wird es sein.
Fußnoten:
1 BIPOC ist die Abkürzung von Black, Indigenous, People of Color. Black und Indigenous bedeuten auf Deutsch Schwarz und Indigen. Der Begriff People of Color wird nicht übersetzt.
2 Anmerkung der Autorin (ins Deutsche übersetzt): Der Begriff womxn ist ein feministischer und weiter entwickelter Begriff für ‘Frau’. Die neue Änderung in der Schreibweise des Wortes “womxn” ist in dem Bestreben entstanden um das Konzept zu betonen, dass Womxn ihre eigenen separaten Individuen sind, die in der Lage sind, alleine und ohne männliche Hilfe zu agieren. Es gibt keine Übersetzung für BIPOC oder POC — womxn, die mir im Deutschen bekannt ist. Dies ist ein Artikel über das Teilen von Geschichten über Umweltaktivismus, die im Moment nicht erzählt oder gehört werden.