Wie ernst ist es den Ländern mit der Umsetzung des Pariser Abkommens? Bleiben die ambitionierten Klimaschutzziele lediglich Lippenbekenntnisse oder lassen die Staaten Taten folgen? Fragen, die im Voraus der Klimakonferenz in Marrakesch nach der Verabschiedung des ambitionierten, neuen Klimavertrags vermehrt kursieren. Dabei wurde häufig auf die noch unklare und unzureichende Klimafinanzierung angespielt. Zwar hatten Industrienationen zugesagt, ab 2020 mind. 100 Mrd US-Dollar für Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel und Einsparung von Emissionen bereitzustellen, jedoch fehlte bisher ein klarer Plan.
Bereits vor der Konferenz veröffentlichten die Industriestaaten eine Marschroute, wie dieses Versprechen umgesetzt werden soll. Daraus ist ersichtlich, dass die Staaten selbst etwa 67 Mrd. US-Dollar aufbringen wollen, den Rest durch die Beteiligung des Privatsektors. Ein klarer Zeitplan mit Zwischenständen wurde dabei jedoch nicht veröffentlicht. Gleichzeitig wollen die Länder durch eine Verdoppelung der finanziellen Mittel für Anpassung der Forderung des Pariser Vertrags nachkommen, eine Balance zwischen Geldmitteln für Anpassung und Einsparung von Emissionen zu erreichen. Diese wird vor allem gefordert, weil Klimawandel auch derzeit schon zu schädlichen und einschränkenden Folgen führt und entsprechende Gegenmaßnahmen erforderlich macht — so dass zum Beispiel die Versorgung mit Nahrungsmitteln trotz abnehmender Niederschlagsmengen durch eine Anpassung des Bewässerungssystem oder der angebauten Pflanzensorten gewährleistet werden kann.
Das Umweltprogramm der UN, UNEP, schätzt, dass die Kosten für die erforderlichen Anpassungsmaßnahmen im Jahr 2030 zwischen 140 Mrd. und 300 Mrd. US-Dollar pro Jahr liegen werden. Demgegenüber stehen momentan ca. 13 Mrd.US-Dollar. Zwar soll dieser Betrag bis 2020 verdoppelt werden, es klafft aber selbst dann noch eine riesige Lücke zwischen dem bereitgestellten und erforderlichen Betrag.
Gleichzeitig wurde in Marrakesch auch über den Anpassungsfonds verhandelt, der seit 2001 unter dem Kyoto-Protokoll vor allem für kleine Anpassungsprojekte in Gemeinschaften, die besonders anfällig für die Folgen des Klimawandels sind, finanzielle Mittel zur Verfügung stellt. Es ging dabei darum, ob und wie der Anpassungsfonds für das Paris Abkommen genutzt werden kann. Eine Entscheidung steht weiterhin aus. Deutschland stellte sich mit seiner am Mittwoch verkündeten Zusagen von weiteren 50 Mio.Euro hinter den Adaptation Fund als wichtigen Finanzierungsmechanismus. Dies ist ein wichtiges Signal an die Entwicklungsländer, welche in ihren Maßnahmen zum Klimaschutz auf die finanzielle Unterstützung der Industrieländer angewiesen sind. Dem Anpassungsfonds ein dauerhaftes Budget bereitzustellen, ist besonders wichtig, damit Entwicklungsländer Planungssicherheit haben, um Anpassungsprojekte planen und umsetzen zu können.
Die Länder haben auf der COP22 ihr Soll erfüllt: Sie haben einen Plan für die Klimafinanzierung vorgelegt und mit der Bestätigung des angesprochenen Fonds die Bedeutung von Anpassungsmaßnahmen weiter hervorgehoben. Das Bewusstsein bei den Industrienationen, dass die 100 Mrd. US-Dollar pro Jahr jedoch hinten und vorne nicht reichen werden, fehlt weitgehend. Während bei der Bereitstellung von finanziellen Mitteln für Anpassung und Einsparung von Emissionen nur kleine Fortschritte gemacht werden, kommen die 2°C‑Grenze und die gravierenden Veränderungen des Klimas und der Umwelt mit gewaltigen Schritten näher. Es besteht also auch weiterhin ein großer Handlungsbedarf der Staatengemeinschaft in Bezug auf die Klimafinanzierung.
Julius Schlumberger