Seit inzwischen zwei Wochen ist Donald Trump US-Präsident. Hoffnungen, dass er den Ton nach dem Wahlkampf ändern würde, zerstreuten sich schnell. Innerhalb der ersten Tage hat er zu einem Rundumschlag ausgeholt und per Dekret unter anderem die Rechte von indigenen Völkern, das Gesundheitssystem und die Einwanderungspolitik nach seinen extremen Vorstellungen geändert. Und der Klimawandel? Mit dem musste er sich gar nicht erst beschäftigen, den gibt es nämlich nicht!
Die neue Seite des Weißen Hauses
Wie bei der Übergabe der Administration von einem Präsidenten zum nächsten üblich, wurde die Homepage des Weißen Hauses whitehouse.gov vollständig verändert. Wer auf der neuen Seite nach Verweisen zum Klimawandel sucht, wird nicht fündig werden. Denn diese gibt unter Trump, der den Klimawandel für eine chinesische Verschwörung hält, nicht. Stattdessen liest man, dass der ohnehin dürftige Climate Action Plan der Obama-Administration abgeschafft werden soll. Auf der Seite des Weißen Hauses kann man auf die Suche nach weiteren Informationen verzichten. Aber auch andere Regierungsseiten wie beispielsweise die Homepage von USAID, der US-Behörde für internationale Entwicklung, hat den Zugang Climate Action Plan gesperrt. Über nichtstaatliche Umwege erfährt man, dass sich dieser Klimaschutzplan nicht nur mit der Regulierung der Treibhausgasemissionen in Amerika im Energiesektor und der Gestaltung der Energieversorgung beschäftigt. Er beinhaltet auch Strategien zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels in den USA, um die Bevölkerung und Wirtschaft vor Schäden zu schützen. Dies ist nach Auffassung der neuen Regierung völlig unnötig und nachteilig. Im Zuge der “America-First”-Doktrin sollen stattdessen die Ölsande (aus Kanada!) und noch unberührten Ressourcen fossiler Brennstoffe im Gesamtwert von mehr als $50 Billionen gefördert und die Kohleindustrie wiederbelebt werden.
© Photo Karl Ludwig Poggemann Creative Commons licence
Knebel für US-Klimawissenschaftler*innen?
Derzeit wird auch die US-Umweltbehörde EPA vom Überleitungs-Team der Trump-Administration auf den Prüfstand gestellt. Dabei müssen sämtliche, bisher veröffentlichte Inhalte — darunter auch wissenschaftliche Daten und Studien — politischen Vertreter*innen zur Überprüfung vorgelegt werden, bevor diese im Fall einer Genehmigung der Öffentlichkeit wieder zugänglich gemacht werden können. Von vielen Seiten wird deswegen der Vorwurf nach Zensur und Verstoß gegen die wissenschaftliche Integrität laut. Außerdem sind die für die Übergangszeit verhängten Restriktionen laut ehemaliger EPA-Angestellte deutlich schärfer als in der Vergangenheit. Dies schürt die Furcht, dass Trump die Klimawissenschaft in den USA mundtot machen möchte.
Grund zur Besorgnis gab auch die Meldung, dass die EPA angewiesen wurde, ebenfalls ihre Seite bezüglich des Klimawandels offline zu nehmen. Dies war nur an die Öffentlichkeit gelangt, da sich EPA-Angestellte trotz Verbots diese Information an einige Medien weitergegeben hatten. Inzwischen wurde diese Forderung von der Trump-Adminstration aufgrund massiven Protests wieder zurückgenommen worden. Dennoch: die Trump-Administration hätte in Kauf genommen, dass sich die Ergebnisse der jahrelangen, wissenschaftlichen Arbeit im Zusammenhang mit dem Klimawandel in Luft auflösen.
© Photo Peg Hunter Creative Commons licence
Ziviler Ungehorsam — rettet was geht?!
Um Derartigem vorzubeugen, haben bereits seit der Veröffentlichung des Wahlergebnisses Klimaforscher*innen, Computerexpert*innen und Umweltaktivist*innen begonnen, klimarelevante Daten von Servern der US-Regierung zu kopieren und auf unabhängigen Servern zu speichern. Was von einigen als Panikmache kritisiert wird, könnte sich in Zukunft als vorausschauender Schritt erweisen. Lawrence M. Krauss, Vorstandsmitglied in der Vereinigung amerikanischer Wissenschaftler*innen spricht davon, dass Trump einen Krieg gegen die Wissenschaft führe. Er bezieht sich dabei nicht nur auf den Umgang mit der EPA, sondern auch den geplanten Abzug von Fördermitteln für die Forschung. Vor allem staatlich angestellte Wissenschaftler*innen fürchten nun um ihre Anstellung, sollten sie Studien veröffentlichen, die nicht konform mit der politischen Haltung der Trump-Administration sind.
How sad is it that rogue Twitter accounts must exist just to communicate FACTS to the American public? #TrumpsAmerica #NPS
— AltUSNatParkService (@AltNatParkSer) January 31, 2017
In einer Twitter-Aktion, die seit vergangenem Dienstag zunehmend Nachahmer*innen und Unterstützung findet, verbreiten Klimaaktivist*innen und Angestellte von US-Behörden anonym die Bedeutung von Wissenschaft und Klimawandel. Sie wollen damit einer Zensur vorbeugen und erhalten große Resonanz. Demnächst soll es auch einen landesweiten Marsch für Wissenschaft geben, um für faktenbasierte Politik und unabhängige Forschung zu demonstrieren. Es bleibt jedoch abzuwarten, inwieweit sich Trump und seine Anhängerschaft davon beeindrucken lassen. Sollte Trump ernst machen und die Befürchtungen der wissenschaftlichen Gemeinschaft in den USA erfüllen, wäre das für die USA nicht nur eine Vollbremsung und ein Rückschritt in ein vergangenes Jahrhundert, sondern auch ein herber Rückschlag für die globale Klimaforschung und Klimabewegung.
https://twitter.com/NatlSciService/status/824275952544915458
Der Schatten des Reaktionären
Der Kreuzzug gegen die Aufklärung in der ersten Woche von Trumps Präsidentschaft begann mit aggressiver Politik gegen die Gleichberechtigung von nicht-weißen und nicht-heterosexuellen Personen. Sie setzte sich in einer Abkehr von der internationalen Staatengemeinschaft fort und fand ihr vorläufiges Ende in der Missachtung (natur-)wissenschaftlicher Erkenntnisse. Trumps eigenes anti-emanzipatorisches Twitter-Projekt von gefühlten Wahrheiten und alternativen Fakten wird damit zur Räson eines der mächtigsten Staaten der Welt.