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Teil 5: Wir müssen der Wandel sein

Krisen in Zeit­en glob­aler Ungle­ich­heit – Teil 5: Wir müssen der Wan­del sein

Wie erleben junge Men­schen auf dem südamerikanis­chen Kon­ti­nent die COVID-19 Pan­demie und die Fol­gen des Kli­mawan­dels? In diesem Teil unser­er Inter­viewrei­he ler­nen wir die Lebenswel­ten von  Eleni­ta Sales aus Brasilien und Ati Gun­nawi Vivi­am Vil­lafaña Izquier­do aus Kolumbi­en kennen. 

Sie erzählen wie ihre Län­der bei­de schon vor der Coro­na Pan­demie von den Fol­gen der Kli­makrise lit­ten, wie sie bei­de von der Pan­demie auf einem Segelschiff erfuhren und was wir aus der Pan­demie für die Bekämp­fung der Kli­makrise ler­nen können.

Auch der größte Sturm bringt Sie nicht von ihrem Ide­al ein­er gerechteren Welt ab: Eleni­ta Sales
Kämpft gegen Wasserk­nap­pheit und die Kli­makrise: Ati Gun­nawi Vivi­am Villafaña

Situation vor Corona

Kli­madel­e­ga­tion e.V.: Wie war die Sit­u­a­tion in Bezug auf den Kli­mawan­del in deinem Land vor der Corona-Pandemie?

Eleni­ta: 

Brasilien ist das größte Land Lateinamerikas, sowohl in Bezug auf die Fläche als auch auf die Bevölkerung. Die Auswirkun­gen des Kli­mawan­dels wie Dür­ren, Über­schwem­mungen, Stürme und Ern­teaus­fälle sind alarmierend. Der IPCC warnt vor der Zunahme von hefti­gen Regen­fällen, Erdrutschen und lan­gen Dür­repe­ri­o­den, ins­beson­dere in der südöstlichen Region des Lan­des, auf­grund des unge­ord­neten Bevölkerungswachstums.

Die Haupt­fol­gen der Kli­makrise in meinem täglichen Leben sind die Über­schwem­mungen, die mich mehrmals daran gehin­dert haben, zur Schule und zur Arbeit zu gehen. Stürme haben außer­dem dazu geführt, dass ich zu spät ankomme, weil ich im Verkehr steck­en geblieben bin und sie haben in eini­gen Häusern, in denen ich gelebt habe, struk­turelle Schä­den verursacht.

Ati: Kolumbi­en ist eines der Län­der mit der gravierend­sten Ungle­ich­heit in Südameri­ka. Somit machte sich der Kli­mawan­del beson­ders stark bemerk­bar für den ärm­sten Teil der Bevölkerung, beispiel­sweise durch die Wasserkrise: Obwohl man in mein­er Region, in San­ta Mar­ta, rechtzeit­ig vor ein­er öffentlichen Katas­tro­phe für den Monat Feb­ru­ar warnte, wur­den Megapro­jek­te, welche die Wasserkrise weit­er ver­schlim­merten, weit­er vorangetrieben.

Durch den Kli­mawan­del verur­sachte Unwet­ter erschw­erten Eleni­ta oft den Weg zur Arbeit und Schule.

Situation während Corona

Kli­madel­e­ga­tion e.V.: Wie hat sich Coro­na auf Euch und Eure Fam­i­lien ausgewirkt?

Eleni­ta: “Ich befand mich mit anderen Kli­maak­tivistInnnen auf einem Schiff Rich­tung Europa als die Pan­demie begann. Mein erster Gedanke war, her­auszufind­en, wie es meinem Vater geht, der ein alter Mann ist und allein in mein­er Heimat­stadt lebt. Meine Fam­i­lie lebt in der Haupt­stadt des Bun­desstaates São Paulo, die lange Zeit das Epizen­trum der Pan­demie war, so dass sie nicht arbeit­en kon­nten. Die  Kinder began­nen des Weit­eren, aus der Ferne Unter­richt zu nehmen, aber es war nicht leicht, sich an die Rou­tine des neuen Nor­malen anzupassen.

Per­sön­lich beste­ht im Moment meine größte Her­aus­forderung darin eine Arbeit zu find­en. Ich finanziere mich selb­st, und es ist schwierig, sich auf etwas anderes zu konzen­tri­eren, wenn ich mich auch noch um Miete und Essen küm­mern muss, aber das ist für viele Brasil­ianer­In­nen die Real­ität. Gegen­wär­tig gibt es mehr Men­schen ohne Arbeit, als im Land arbeit­en. Wir kämpfen für grundle­gende Lebensbedürfnisse.

Ati: Auch ich befand mich auf diesem Schiff mit Eleni­ta in Rich­tung Europa. Die Besorg­nis über die Zunahme vor Coro­n­ain­fek­tio­nen ver­an­lasste unsere Län­der, ihre Gren­zen zu schließen, und die Europäis­che Union ver­fügte die Schließung ihrer Mit­glied­slän­der. Dieser Moment war chao­tisch und hat­te einen großen Ein­fluss darauf, wie wir uns die Welt vorstellen, weil er zeigte, dass die Insti­tu­tio­nen und ihre Regeln unver­rück­bar sind und das Funk­tion­ieren des kap­i­tal­is­tis­chen Sys­tems, das so tief in unser­er Kul­tur ver­wurzelt ist, niemals aufhören würde.

Aus all diesem Chaos von Ungewis­sheit­en und Desin­for­ma­tion, die wir hin­ter uns gelassen haben, gab es aber auch etwas Pos­i­tives: Die Natur hat einen Teil ihres Gle­ichgewichts wieder­erlangt. Es lebten viele Tier­arten so wie es vor der Men­schheit war. Auch wenn es für uns uns apoka­lyp­tis­che Szenar­ien ware,  war es für die Erhol­ung viel­er Arten ideal.

Ein­er der pos­i­tiv­en Aspek­te der Coro­na Krise: Viele Arten kon­nten sich regenerieren.

Lektionen aus Corona — Botschaften für die Zukunft

Kli­madel­e­ga­tion e.V.: Welche Lehren soll­ten wir aus der Coro­na-Krise für die Bekämp­fung der Kli­makrise ziehen (kollek­tiv und individuell)?

Eleni­ta Ich glaube, die wichtig­ste Lek­tion ist, dass wir gemein­sam einen Unter­schied machen und eine effek­ti­vere Umgestal­tung unser­er Gesellschaft bewirken kön­nen. Ich hat­te dieses Bewusst­sein bere­its, vor allem durch die schwarze Bürg­er­rechts­be­we­gung, aber es wurde während der Pan­demie noch ver­stärkt. Zu sehen, wie ver­schiedene Men­schen für soziale Gerechtigkeit kämpfen, hat mir Hoff­nung gegeben, voranzukommen.

    Die Men­schen haben sich stärk­er posi­tion­iert und fordern von unseren Machthabern konkretere Maß­nah­men. Wir haben noch nicht ein­mal die Hälfte des Weges zurück­gelegt, um einen wirk­lichen Wan­del her­beizuführen, aber es wer­den große Schritte unter­nom­men, und es ist trau­rig, etwas so Ern­stes zu brauchen, damit die Men­schen ver­ste­hen, wie wichtig es ist, für soziale und ökol­o­gis­che Gerechtigkeit zu kämpfen. Gemein­sam sind wir stärk­er, und es ist unsere Pflicht als Gesellschaft, diejeni­gen zu ehren, die so früh gestor­ben sind, sei es durch die Pan­demie, durch Naturkatas­tro­phen oder durch Maschi­nengewehre. Wir müssen die Trans­for­ma­tion sein, die wir in der Welt sehen wollen!

Ati: Die Kli­makrise ist eine Folge unseres Han­delns. Dies ist ein ide­ales Szenario für uns, um mit sofor­ti­gen Reak­tio­nen zu reagieren, wie es mit­ten in der Pan­demie und in ein­er artikulierten Art und Weise geschehen ist. Wir betra­cht­en die Fol­gen unseres nicht nach­halti­gen Lebensstils auf lange Sicht als mögliche Szenar­ien, die auf der Grund­lage ein­er Min­derung der Auswirkun­gen berech­net wer­den. Inmit­ten dieser Berech­nun­gen ziehen wir Struk­tur­refor­men nicht in Betra­cht, weil wir davon aus­ge­hen, dass diese Idee eine Bedro­hung für die Aufrechter­hal­tung ungle­ich­er Struk­turen darstellt, die die Inter­essen von Macht­grup­pen benachteili­gen. Angesichts dieses Szenar­ios vertreten die indi­ge­nen Gemein­schaften die Idee, dass das schlimm­ste Szenario keine ferne Zukun­ft sei, son­dern dass wir die Fol­gen dieses Szenar­ios ger­ade jet­zt erleben. Die Botschaft ist klar: Wir müssen die Art der Beziehung, die wir zu unseren Mit­men­schen haben, neu überdenken.

Die Zukun­ft ist voller Ungewis­sheit, in der wir Ver­ant­wor­tung übernehmen müssen, und dabei ist Pes­simis­mus die schlimm­ste aller Krankheit­en, denn er führt uns zu Untätigkeit und zum Schweigen, wo das schlimm­ste aller Szenar­ien zu erwarten ist. ”

Als Kli­madel­e­ga­tion sehen wir, dass es noch ein Zeit­fen­ster gibt, um durch glob­ale Sol­i­dar­ität die Wech­sel­wirkung zwis­chen Kli­ma- und Covid-19 Pan­demie zu begren­zen.  Wenn du generell mehr über das Zusam­men­spiel der Krisen erfahren möcht­est, schau‘ gerne bei unserem Blogp­post vorbei. 

Anmerkung der Redak­tion: bei den Inter­view-Antworten han­delt es sich um eine bear­beit­ete Über­set­zung aus dem Spanis­chen oder Portugusischen. 


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